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Test: Watch Dogs

Große Publisher trauen sich nur selten neue Marken zu entwickeln. Kein Wunder. Das neueste Battlefield, Call of Duty, Assassin’s Creed oder Saint’s Row spült ja jährlich reichlich Geld in die Kassen der Spielefirmen. 2012 überraschte Ubisoft aber auf der Fachmesse E3 mit der Ankündigung von Watch Dogs. Der erste grafische Eindruck des Spiels war großartig und so haben viele Spieler schon damals vermutet, dass der Titel erst auf den neuen Konsolen erscheinen wird. So sollte es dann auch sein und Watch Dogs war als Launchtitel der Xbox One und Playstation 4 geplant. Aber kurz vor dem ersten Release gab es eine Verschiebung. Die Entwickler benötigten nochmal über ein halbes Jahr Zeit. Ist Watch Dogs nun die erste richtige Next-Gen-Erfahrung?

Meine Familie & ich

In Watch Dogs übernehmt ihr die Rolle von Aiden Pearce. Der Berufshacker verdient sein Geld mit Hackangriffen auf Banken und andere Finanzinstitute. Doch vor einiger Zeit ging ein Angriff in die Hose. Ein weiterer Hacker brachte einen Überfall-Hack durcheinander und ein Mordkommando wurde auf Aiden angesetzt. Dies verwickelt ihn in einen Autounfall bei dem seine kleine Nichte ums Leben kam. Aiden taucht daraufhin unter und trennt sich von seinem ehemaligen Kollegen Damien Rice. Doch Damien kommt natürlich zurück und will Aiden dazu zwingen, wieder mit ihm zu arbeiten und die Spur zum damaligen mysteriösen zweiten Hacker zu finden. Dabei schreckt er auch nicht zurück Aidens Familie – seine Schwester mit Kind – anzugreifen.

In Watch Dogs geht es um den Berufshacker Aiden.

In Watch Dogs geht es um den Berufshacker Aiden.

Auf der einen Seite will Aiden also seine Familie beschützen, die ihm auch rät seine Tätigkeit als Hacker aufzugeben. Auf der anderen Seite hingegen reizt das Verbotene ihn. Innovativ ist die Story also nicht wirklich, die typischen Hollywood-Blockbuster servieren aber eine ähnliche Kost.

Immer vernetzt

Aiden hat sein Smartphone immer dabei. Von hier habt ihr Zugriff auf viele wichtige Funktionen wie Statistiken, Musikplayer und andere Einstellungen. Aber das Handy ist auch essentiell für das Gameplay. Mit einem einfachen Tastendruck schaltet ihr es nämlich in den Hack-Modus und ihr bekommt unzählige Informationen über eure Umgebung. Sicherheitskameras werden euch markiert und ihr könnt sie direkt anzapfen. Ampeln und Tore könnt ihr per Knopfdruck aktivieren beziehungsweise deaktivieren und so ein Verkehrschaos auslösen, was euch dann beispielsweise auf der Flucht einen entscheidenden Vorteil verschafft. Dennoch wirken gerade auf der Flucht diese Events, wie das Fernsteuern von Ampeln, wenig dynamisch. Vielmehr fügt sich das Feature wie ein typisches Quick-Time-Event ins Spiel ein. Ihr bekommt nämlich den passenden Moment angezeigt, wann ihr die Ampeln umschalten solltet, damit eure Verfolger in einem Kreuzungschaos stecken bleiben.

Watch Dogs spielt im virtuellen Chicago. Dort herrscht das Computerprogramm ctOS über die Stadt. CtOS vernetzt die ganze Großstadt und jeden Bürger mit den Computern des Staates um so beispielsweise Verbrechen zu entdecken. Aber jede Software hat auch ihre Risiken und Lücken und so kann Aiden mit Hilfe der Hacker-Vereinigung DEDSEC auf ctOS zugreifen. Manchmal müsst ihr aber auch erst die jeweilige Basisstation infiltrieren und die Computer hacken, um im jeweiligen Stadtbezirk alle Funktionen der Software in euren Besitz zu bekommen. Ihr schleicht euch also wahlweise in ein Sperrgebiet und versucht die Wachen auszutricksen oder ballert alles um, was euch vor der Flinte kommt. Watch Dogs spielt sich hier ein wenig wie ein Assassin’s Creed und man merkt auch an anderen Enden, dass hier die Entwickler von Ubisoft Montreal am Werk waren. So wirken manche Animationen von Aiden wie die der Protagonisten der letzten Assassinen-Spiele.

In Watch Dogs ist alles vernetzt und das macht ihr euch zu Nutzen.

In Watch Dogs ist alles vernetzt und das macht ihr euch zu Nutzen.

Was ist los in Chicago

Seid ihr mit dem ctOS eines Stadtbezirkes verbunden, bekommt ihr Zugriff auf Informationen aller Bürger und hier offenbart sich die wohl interessanteste Spielfunktion des Open World-Titels. Zu jedem Bürger könnt ihr euch nun kleine Infos anzeigen lassen. Es gibt jeweils den Beruf, das Alter und einige Eigenschaften zu erfahren. Telefoniert der Mitbürger gerade oder chattet er, könnt ihr dies ebenfalls abfangen. Darunter sind unzählige kleine Geschichten, die euch teilweise auch ein wenig Schmunzeln lassen.

Die Story-Missionen sind oft recht abwechslungsreich, erfinden das Genre des Open-World-Action-Spiels aber auch nicht neu. Oft verfolgt ihr irgendwelche Charaktere oder werdet von bösen Buben verfolgt und müsst fliehen. Ein andermal müsst ihr in ein Gebäude eindringen. Ihr habt dann wie so oft die Wahl zwischen der leisen oder brachialen Methode. Abseits der Story-Missionen gibt es in Chicago aber auch noch reichlich zu tun. Am meisten Spaß machen eure Einsätze als stiller Rächer, wenn ihr zufällig auf ein Verbrechen stoßt. Ihr versteckt euch dann in sicherer Entfernung und verfolgt mit eurer Allzweckwaffe – dem Smartphone – das Gespräch des Opfers und des potentiellen Verbrechers. Sobald der Verbrecher die Schwelle zum Verbrechen überschreitet, schlagt ihr zu und versucht ihn zu stellen. Daraufhin folgt eine Verfolgungsjagd. Schnappt ihr euch den Verbrecher lebend, bringt das natürlich extra Punkte. Selbstjustiz wird auch in Chicago nicht gerne gesehen und auch ihr selbst müsst ab und zu vor der Polizei fliehen. Das Katz und Maus Spiel mit den Beamten wirkt einen Tick schwieriger als im Serien-Kollegen Grand Theft Auto 5. Das liegt auch daran, dass die Fahrzeuge sich ein wenig schwammiger steuern. Hier offenbaren sich aber auch manchmal kleinere technische Schwächen von Watch Dogs. Unsichtbare Mauern, vor allem beispielsweise zwischen zwei Laternen, trüben den ansonst schicken Open World-Look. Auch mit der Polizei hatten wir aber schon ein kurioses Erlebnis. Die Beamten umzingelten uns während der Flucht und warteten seelenruhig einige Minuten, bis unser Fahndungslevel weg war. Schade. Hätten sie uns doch auch einfach festnehmen können.

Ist das Next-Gen?

Technisch beeindruckte Watch Dogs vor allem auf der ersten E3 Präsentation im Jahr 2012. Als der Titel dann überraschenderweise Ende 2013 verschoben wurde, konnte man schon ahnen, dass die Spieltechnik vielleicht noch ein wenig Probleme machte. Watch Dogs erscheint immerhin auch noch für Xbox 360 und Playstation 3 und diese Geräte werden in keinem Fall die Technik der E3 Präsentation stemmen können. Somit wurde in Watch Dogs tatsächlich ein wenig zurückgeschraubt was Licht- und Wettereffekte angeht. Auch auf den neuesten Konsolen. Dennoch sieht das Spiel gerade in der Nacht mit Regen sehr ansehnlich aus. Optisch wirkt es sonst wie eine etwas aufgehübschte Version von Grand Theft Auto 5. Sehr gute Effekte liefert das Spiel allerdings, wenn ihr rasend schnell mit einem Fahrzeug durch die Stadt brettert. Die Unschärfe und die flüssige Schnelligkeit fühlt sich dann wirklich ein wenig nach einer neuen Generation an.

Vor allem das Ausforschen der ganzen Fußgänger und Mitbürger macht in Watch Dogs Spaß.

Vor allem das Ausforschen der ganzen Fußgänger und Mitbürger macht in Watch Dogs Spaß.

Die GTA-Serie wirbt immer mit ihrem hochqualitativen Soundtrack. Auf verschiedenen Radiostationen gibt es hier jeweils ein abwechslungsreiches Portfolio an passender Musik mit Moderation. Über den Soundtrack von Watch Dogs war vor Release kaum etwas bekannt. Im fertigen Spiel sieht es nun wie folgt aus. Ihr könnt dauernd, auch wenn ihr nicht in einem Fahrzeug seid, mit eurem Handy Musik hören. Dazu gibt es einen umfangreichen Soundtrack mit einigen Ohrwurm-Hits. Mehr aber auch nicht. Die GTA-Radios haben da schon mehr Charme. Die Soundeffekte hingegen stimmen, auch wenn manche Motorengeräusche ein wenig eintönig klingen. Auch die Musik die euch teilweise Missionen passend untermalt, ist stimmig.


8/10
Watch Dogs ist kein schlechtes Spiel geworden. Es ist aber auch nicht der erwartete AAA-Kracher geworden, den man nach den E3-Präsentationen hätte erwarten können. Im Vergleich zum Auftritt auf der E3 2012 gab es technisch einen kleinen Rückschritt. Dennoch macht das Gameplay Spaß und die wenigen technische Kniffe stören im ansonst flüssigen und abwechslungsreichen Chicago nicht. Somit ist Watch Dogs definitiv einen Blick wert und man darf auf einen noch besseren zweiten Teil warten, der dann vielleicht wirklich Maßstäbe setzen könnte.

watchdogs.ubi.com (Offizielle Webseite)

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Getestet wurde die Xbox One-Version.